«Ich lese jeden Tag die Liste der Getöteten und hoffe, dass keine Namen von Bekannten draufstehen»: So erlebt diese Palästinenserin den Krieg von der Schweiz aus

Sabreen lebt in der Schweiz. Ihre Familie ist aber noch im Gazastreifen. Bild: Nicole Caola

Sabreen ist im Gazastreifen aufgewachsen und lebt seit fünf Jahren in der Schweiz. Im Interview spricht sie über den Krieg in ihrer Heimat, den schwierigen Kontakt zu Familie und Freunden vor Ort und über den Schmerz, das Leiden ihres Volkes aus der Ferne mitverfolgen zu müssen.


Sabreen ist in Rafah grossgeworden. Im Alter von 19 Jahren ist sie zusammen mit ihren Eltern und zwei Brüdern in die Schweiz geflüchtet. Der Rest ihrer Familie ist noch immer im Gazastreifen. Die mittlerweile 24-jährige Palästinenserin studiert an der Universität Basel. Sie ist eine von etwa 150 Menschen mit Geburtsort Palästina, die in der Schweiz leben.

Im Gespräch erzählt Sabreen ihre Sicht auf den Krieg in ihrer Heimat. Sie spricht über den Verlust von Familienmitgliedern, Freunden und ehemaligen Professoren sowie über die Zerstörung ihres Kindheitshauses. Sie führt uns durch das Schicksal ihrer Grosseltern, die seit Monaten auf der Flucht sind und mit allen möglichen Mitteln versuchen zu überleben.

Schliesslich berichtet sie über ihr Leben in der Schweiz und den eigenen Schmerz, den Krieg aus der Ferne mitverfolgen zu müssen. Die Sehnsucht zu ihrer Heimat ist spürbar: «Ich vermisse alles ohne Ende, auch weil ich weiss, dass alles nicht mehr so sein wird wie vor dem Krieg.»

Sabreen ist vor fünf Jahren aus Rafah geflüchtet. Interview und Schnitt: Robin Walz, Kamera: Nicole Caola

Die Lage im Gazastreifen ist katastrophal

Nach dem Wahlsieg der Hamas im Jahr 2007 hat Israel im seit 1967 besetzten Gazastreifen eine Blockade zu Land, See und Luft verhängt. Seither leben rund 2,3 Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser eingeschlossen in einem der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt. Der Alltag war bereits vor dem jetzigen Krieg geprägt von Armut, Mangel an sauberem Trinkwasser und an medizinischer Versorgung.

Am 7. Oktober 2023 startete die Hamas, im Westen als Terrororganisation bezeichnet, einen Angriff auf israelische Militärposten, Kibbuzim und ein Musikfestival in der Grenzregion zum Gazastreifen. Die Hamas und andere palästinensische Gruppen töteten dabei fast 1,200 Menschen, die meisten davon Zivilisten. 251 Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt.

Kurz daraufhin startete Israel eine militärische Grossoffensive im Gazastreifen mit dem selbsterklärten Ziel, die Hamas zu zerstören und die Geiseln zu befreien. Seither hat das israelische Militär fast 40,000 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet, vorwiegend Zivilisten. Die Lage im Gazastreifen ist katastrophal: Die Infrastruktur ist durch die israelischen Angriffe weitgehend zerstört worden. Der Zugang zu medizinischer Versorgung, Trinkwasser und Nahrung ist unzureichend. Hunderttausende von Binnenflüchtlingen versuchen, den israelischen Bomben zu entkommen. Ein Ende des Krieges ist nicht in Sicht.


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