«Vergessene» FC-Aarau-Akteure: Wo spielt eigentlich …?

Wo spielen Silvan Widmer, Albert Banning und Carlinhos heute? Bilder: FOTO Wagner, @foto_wagner_schweiz / Chris Iseli

Der Autor hat 11 ehemalige Akteure des FC Aarau herausgepickt, die noch immer dem Ball nachrennen. Wie sind deren Karrieren verlaufen und für welchen Verein spielen sie heute?


Haben Sie gewusst, dass ein Cupfinalist einmal das Tor des FC Aarau hütete, und dass ein ehemaliger Captain der Schweizer Nationalmannschaft im Brügglifeld auflief? Oder dass ein Weltmeister beim FCA unter Vertrag stand?

Der Autor zeigt Ihnen eine «vergessene Elf» des FC Aarau und dokumentiert, wie sich die Karrieren dieser Spieler entwickelt haben und wo sie heute Fussball spielen.

Diese Aufstellung ist fiktiv und hat es nie so in einem FCA-Spiel gegeben. Alle Spieler waren aber zwischen 2005 und 2016 beim FC Aarau aktiv und schnüren auch heute noch die Fussballschuhe – teilweise in den besten Ligen Europas, aber auch bei den Amateuren.

Joël Mall (33, Servette FC)

Hier stand Joël Mall noch im Tor des FC Aarau. Bild: FOTO Wagner, @foto_wagner_schweiz

Mit 19 Jahren feiert das FCA-Eigengewächs im März 2010 sein Profidebüt. Ab der Saison 2011/12 etabliert sich Joël Mall als Stammtorhüter beim FC Aarau und leistet einen wichtigen Beitrag zum Aufstieg in die Super League 2013. Für insgesamt 121 Spiele steht er zwischen den Pfosten des FC Aarau, ehe er zu den Grasshoppers wechselt. Nach einem kurzen Zwischenstopp in der 2. Bundesliga lässt sich Joël Mall fünf Jahre lang in Zypern nieder, wo er für Apollon Limassol, AEK Larnaka und Olympiakos Nikosia aufläuft.

Die Top-Paraden von Joël Mall für den FC Aarau. Video: YouTube

Im letzten Sommer erlebt Mall eine aufregende Zeit. Er lässt sich in Zypern einbürgern und gibt bei der 1:2-Niederlage gegen Georgien mit 32 Jahren sein Nationalmannschaftsdebüt. Seither ist er die Nummer 1, auch wenn er bei seinen acht bisherigen Einsätzen schon 26 Mal den Ball aus dem Netz fischen musste – Star-Stürmer Erling Haaland erzielt zwei Mal einen Doppelpack. Zudem schliesst sich Mall im Juli Servette an. Nach einer erfolgreichen Spielzeit kann er mit den Genfer noch immer auf den ersten Cupsieg seit 2001 hoffen.

Jonas Elmer (36, FC Stäfa)

Jonas Elmer im Jahr 2007, kurz nach seinem Wechsel von Chelsea zu Aarau. Bild: FOTO Wagner, @foto_wagner_schweiz

2007 wechselt der Linksverteidiger von Chelsea zum FC Aarau und kommt dort während drei Jahren zu 84 Einsätzen. Bis er 2020 seine Profikarriere beendet, kickt Elmer ausschliesslich in den Schweizer Ligen. Mit einer Ausnahme: Für eine Saison wird er vom MLS-Verein FC Toronto verpflichtet. Er wird zwar nur drei Mal eingesetzt, einer dieser Einsätze dürfte ihm aber besonders in Erinnerung bleiben: Als er beim Spiel gegen die New York Red Bulls mit der französischen Fussballlegende Thierry Henry auf dem Platz steht.

2020 kehrt Elmer zu seinem Jugendverein FC Stäfa zurück. Seine letzte Partie bestreitet er im vergangenen Juni bei einem 5:2-Heimsieg, wobei der gelernte Abwehrspieler einen Treffer verbuchen kann. Mittlerweile hat er bei der 3.-Liga-Mannschaft das Traineramt übernommen und steht momentan mit fünf Punkten Vorsprung auf dem 1. Platz. Noch vier Spiele sind es bis Ende Saison, darunter gegen den Zweit- und Drittplatzierten. Wer weiss, vielleicht zieht er in diesen entscheidenden Partien doch nochmals die Nockenschuhe an.

Loris Benito (32, BSC Young Boys)

Mit acht Jahren stiess Loris Benito zum FC Aarau. Er durchlief alle Juniorenstationen, bis ihm 2009 der Sprung in die erste Mannschaft gelang. Bild: FOTO Wagner, @foto_wagner_schweiz

Loris Benito, ebenfalls beim FC Aarau ausgebildet, gibt sein Pflichtspieldebüt am 1. November 2009 beim 3:3 gegen Neuchâtel Xamax. 50 Spiele absolviert der Abwehrspieler für Aarau, wechselt dann zum Ligakonkurrenten FC Zürich. 2014 wagt Benito den Sprung ins Ausland. Mit dem portugiesischen Spitzenklub Benfica Lissabon gewinnt er die Meisterschaft, kommt aber nicht regelmässig zum Zug.

Mit dem Wechsel zurück in die Schweiz will er bei YB seine Karriere neu lancieren. Eine Reihe von Verletzungen hindern ihn zunächst daran, doch 2018 und 2019 verhilft er YB als Stammspieler zu den ersten beiden Meistertiteln seit über 30 Jahren. Auch debütiert Benito in dieser Zeit erstmals für die Schweizer Nati.

Dann klopft Bordeaux an. Der Aargauer wechselt nach Frankreich und spielt dort während zwei Jahren eine zentrale Rolle. Seit 2022 ist Benito wieder bei YB, feiert einen weiteren Meistertitel, zieht sich im Februar aber einen Kreuzbandriss zu. Die EM in Deutschland wird er verpassen.

Hier spricht Loris Benito über seine Zeit beim FC Aarau. Video: YouTube

Bruno Martignoni (31, FC Locarno)

Bruno Martignoni, U17-Weltmeister, absolvierte 71 Spiele für den FC Aarau. Bild: Marc Schumacher / Freshfocus

Während Benito sein FCA-Debüt gibt, weilt Bruno Martignoni in Nigeria. Mit der U17-Nati schreibt er Geschichte, indem er zwei Wochen nach Benitos Einstand mit der Schweiz die WM gewinnt. Der Innenverteidiger spielt bei fünf von sechs Turnierspielen von Anfang an, kann sich gar noch in die Torschützenliste eintragen. Die Perspektiven für eine namhafte Karriere sind aussichtsreich.

Doch so kommt es nicht. Martignoni spielt über die Jahre hinweg hauptsächlich in der Challenge League. 32 Mal kommt er in der höchsten Spielklasse zum Einsatz, hauptsächlich im Trikot des FC Aarau nach dem Aufstiegsjahr 2013. Für Schwarz-Weiss-Rot absolviert er insgesamt 71 Spiele. Die Stationen danach sind Lugano, Chiasso, Bellinzona und seit 2022 Locarno in der 2. Liga interregional.

Silvan Widmer (31, 1. FSV Mainz 05)

Silvan Widmer jubelte schon während seiner Zeit beim FC Aarau. Der Aussenverteidiger hat seinen Offensivinstinkt bis heute nicht verloren. Bild: FOTO Wagner, @foto_wagner_schweiz

Neben Mall und Benito ist Silvan Widmer ein weiteres FCA-Eigengewächs, dem der Durchbruch gelingt. Als 18-Jähriger gibt er beim Auftaktspiel der Saison 2011/2012 sein Debüt – und entwickelt sich sofort zum Stammspieler. Auch in der darauffolgenden Spielzeit ist er unersetzbar. 65 Spiele steht Widmer für den FC Aarau auf dem Platz, dabei gelingen ihm acht Tore –­­ keine schlechte Bilanz für einen Aussenverteidiger.

Es ist der Start einer erfolgreichen Karriere. Widmer spielt fünf Jahre in der Serie A bei Udinese und ist auch dort Stammspieler. Es folgen drei Jahre beim FC Basel, ehe Widmer 2021 in die Bundesliga zu Mainz wechselt – ein Transfer, von dem auch der FC Aarau profitiert. In Mainz etabliert sich Widmer ebenfalls und übernimmt die Captainbinde.

Nach einer langen Verletzungspause ist er nun wieder zurück, gerade rechtzeitig für die bevorstehende Europameisterschaft. Er kommt bisher auf 41 Länderspieleinsätze und steht auch im vorläufigen EM-Kader.

Albert Baning (39, Saint-Denis Union Sport)

Albert Baning, «Bobo» genannt, war nur kurze Zeit beim FC Aarau. Paris Saint-Germain kaufte ihn für eine aussergewöhnlich hohe Summe ab. Bild: FOTO Wagner, @foto_wagner_schweiz

Wer erinnert sich noch an den grossgewachsenen kamerunischen Mittelfeldspieler, mit dem Spitznamen «Bobo»? Es sind schon fast zwei Jahrzehnte vergangen, seit Albert Baning im Januar 2006 von seiner Heimat zum FC Aarau stiess. Verschwommen könnte die Erinnerung an ihn auch deshalb sein, weil er nur ein halbes Jahr im Brügglifeld bleibt. Dennoch dürfte der Name dem einen oder anderen bekannt sein. Denn Baning wird für satte 1,2 Millionen Euro an den damals strauchelnden französischen Klub Paris Saint-Germain verkauft. Damit ist er der zweitteuerste Abgang in der Geschichte des FC Aarau.

Der kurze Aufenthalt beim FC Aarau hätte das Sprungbrett für eine grosse Karriere im europäischen Fussball sein sollen. Doch wirklich Fahrt nimmt Baning nie auf in Frankreich, wo er insgesamt für neun verschiedene Vereine aufläuft. Heute spielt «Bobo»bei Saint-Denis Union Sport in der höchsten Liga der französischen Überseeregion La Réunion.

Gökhan Inler (39, Besiktas)

Der ehemalige Nati-Captain kam 2005 zum FC Aarau. Fast 20 Jahre später steht er trotz hohen Alters bei einem europäischen Topklub unter Vertrag. Bild: FOTO Wagner, @foto_wagner_schweiz

Für 50’000 Euro verpflichtet der FC Aarau 2005 ein damals 20-jähriges Nachwuchstalent vom FC Basel und gibt ihm den ersten Profivertrag. Ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, was für Erfolge Gökhan Inler im Laufe seiner Karriere verbucht. Er prägt besonders den schweizerischen und italienischen Fussball, wird zweimal Meister mit dem FCZ, zweimal Cupsieger mit Napoli und führt die Schweizer Nationalmannschaft in 44 Spielen als Captain an.

Dann folgt der Nati-Rausschmiss. Seine Karriere scheint vorbei. Doch auch danach bleibt Inler mit seinen jeweiligen Vereinen erfolgreich. Er gehört zum Kader von Leicester City, das auf sensationelle Art und Weise die Premier League gewinnt, kommt jedoch nur sporadisch zum Einsatz. Bei seinen nächsten drei Stationen in der Türkei geht die Erfolgsserie weiter. Mit Beşiktaş Istanbul und Istanbul Başakşehir gewinnt er die türkische Meisterschaft, mit dem Zweitligisten Adana Demirspor meistert er als Captain den Aufstieg und führt die Mannschaft ins europäische Geschäft.

Letzten September kehrt Inler zu Besiktas zurück, steht aber in dieser Spielzeit keine Minute auf dem Platz. Es ist seine letzte Saison, der ehemalige Nati-Crack hängt im Sommer seine Schuhe an den Nagel.

Carlinhos (29, Portimonense)

Ex-Aarau-Spieler Carlinhos kämpft mit seiner neuen Mannschaft um den Klassenerhalt. Bild: Chris Iseli

Der Brasilianer kommt nach dem Abstieg für die Saison 2015/2016 auf Leihbasis ins Brügglifeld. 14 Skorerpunkte gelingen dem offensiven Mittelfeldspieler. Er spielt später unter anderem für den FC Thun und Standard Lüttich und steht seit 2021 beim portugiesischen Erstligisten Portimonense unter Vertrag.

Als Captain versucht er dort mit seinem Team den Klassenerhalt zu sichern. Das erste Barragespiel geht knapp 1:2 verloren. Im Rückspiel am kommenden Sonntag ist also sein Torriecher gefragt – in den letzten drei Spielen trifft er zwei Mal –, um den Ligaerhalt zu sichern.

Zoran Josipovic (28, AC Taverne)

Zoran Josipovic – hier im November 2016 – jubelt mit Patrick Rossini (rechts, verdeckt) und dem heutigen CEO des FC Aarau und damaligen Captain Sandro Burki. Bild: Marc Schumacher / Freshfocus

Er kam vom italienischen Rekordmeister Juventus Turin und wurde an den FC Aarau ausgeliehen: Zoran Josipovic. Nachdem er sofort zu überzeugen wusste, übernahmen ihn die Aargauer fix. Allerdings begann mit der definitiven Verpflichtung auch der Leistungsabsturz.

Der Schweizer Stürmer hat insgesamt 55 Partien für den FCA bestritten und 12 Tore erzielt, ehe er sich dem FC Chiasso anschloss. Nach Gastspielen in aller Herren Länder wie Belarus, Bulgarien oder Kroatien kickt Josipovic heute für den AC Taverne in der 1. Liga Classic.

Goran Antic (38, FC Suhr)

2007: Goran Antic jubelt nach einem Treffer für den FC Aarau und streckt den Fans die Zunge raus. Bild: FOTO Wagner, @foto_wagner_schweiz

Über zwanzig Jahre ist es her, dass Goran Antic zusammen mit Spielern wie Tranquillo Barnetta, Sandro Burki oder Reto Ziegler in Dänemark die U17-Europameisterschaft gewinnt. Im Halbfinal bezwingt man England (mit dem jungen Wayne Rooney in der Startelf) 3:0. Im Final triumphiert man nach Penaltyschiessen gegen Frankreich.

Sprung vom Jahr 2002 ins 2024: Viel Zeit ist vergangen, doch der ehemalige FCA-Stürmer Antic spielt, wie Reto Ziegler, noch immer Fussball. Zwar nicht in der Super League, dafür in der regionalen 2. Liga beim FC Suhr. Dort kommt er regelmässig zum Einsatz. Ob er nochmals eine Saison anhängt, oder doch lieber in den Ruhestand zieht?

Cristian Ianu (40, GC Carassesi)

Der Rumäne Cristian Ianu ist schon 40 Jahre alt. Fussball spielt er aber noch immer. Bild: FOTO Wagner, @foto_wagner_schweiz

Der Name Cristian Ianu dürfte wohl vielen Fans des Schweizer Fussballs ein Begriff sein. Der rumänische Stürmer schiesst während seiner Laufbahn unter anderem für Bellinzona, Luzern, Sion, Lausanne-Sport und Aarau seine Tore. Während zwei Jahren im Brügglifeld sind es 23 Treffer.

Nach einigen Spielzeiten in den tieferen Schweizer Ligen geht es der Stürmer nun ruhig an. Seit einigen Monaten spielt er bei den Senioren 40+ von GC Carassesi in Bellinzona. Trotz seinen 40 Jahren auf dem Buckel hat er den Torinstinkt noch nicht verloren: Anfang April erzielte er im Tessiner Supercup-Final den 1:0-Siegtreffer für seine Mannschaft.


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